Autor*in
Sonja Schumacher
Lesezeit
5min
Kategorie
Design
Alle
Tags
#a11y
27.3.2025

Rechtliche Anforderungen an Barrierefreiheit: Was Sie wissen müssen

Was gilt eigentlich für mein Unternehmen? Wer muss was wann umsetzen? Fragen wie diese begegnen uns oft, wenn es um digitale Barrierefreiheit geht. Die gute Nachricht: Es gibt klare Antworten. Und die richtigen Einstiegspunkte. Denn auch wenn das Thema auf den ersten Blick komplex wirkt, lässt es sich Schritt für Schritt gut strukturieren.

Mit diesem Artikel geben wir einen Überblick über geltende Vorgaben, Fristen und Pflichten – und zeigen, wie Unternehmen mit Weitblick das Thema sinnvoll in ihre digitale Strategie integrieren.

Illustration mit einem großen, grünen Fragezeichen links und einer stilisierten Zahl „23“ rechts mit Armen und Beinen. Die „23“ wirkt lebendig und hält eine schwarze Sprechblase mit einem weißen Ausrufezeichen. Der Hintergrund ist hell mit einem feinen Rastermuster.

Übersicht

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1. Der rechtliche Rahmen in Deutschland und der EU

Barrierefreiheit ist europaweit gesetzlich verankert. Grundlage ist der European Accessibility Act (EAA), der 2019 in Kraft trat. In Deutschland wurde dieser mit dem Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) für den privatwirtschaftlichen Bereich umgesetzt. Das BFSG gilt dabei nicht 1:1 wie der EAA, sondern enthält nationale Ergänzungen und spezifische Ausnahmen, die bei der Umsetzung beachtet werden sollten.

Das BFSG richtet sich ausschließlich an private Wirtschaftsakteure, die bestimmte digitale Produkte und Dienstleistungen im B2C-Bereich anbieten. Für öffentliche Stellen gilt weiterhin das Behindertengleichstellungsgesetz (BGG) und die zugehörige Barrierefreie-Informationstechnik-Verordnung (BITV 2.0).

Die Struktur lässt sich wie folgt zusammenfassen:

  • Privatwirtschaft (B2C): BFSG (Gesetz) und die BFSG-Barrierefreiheitsverordnung (BFSG-BfV)
  • Öffentliche Stellen: BGG (Gesetz) und BITV 2.0 (Verordnung)

Ergänzend dazu gelten internationale technische Standards, insbesondere die WCAG (Web Content Accessibility Guidelines). Diese wurden von der Web Accessibility Initiative (WAI) des World Wide Web Consortiums (W3C) entwickelt und dienen als zentrale Referenz für die technische Umsetzung digitaler Barrierefreiheit.

2. Wer ist vom BFSG betroffen? B2C im Fokus, B2B in der Verantwortung

Im Rahmen des BFSG betrifft die rechtliche Verpflichtung zur Barrierefreiheit in erster Linie Unternehmen mit digitalen Produkten und Services im B2C-Bereich. Dazu gehören beispielsweise:

  • Online-Shops und E-Commerce-Plattformen
  • Banken und Versicherungen
  • Reise- und Verkehrsunternehmen
  • Telekommunikationsanbieter

Aber auch Unternehmen im B2B-Umfeld sind mittelbar betroffen – etwa als Zulieferer oder Dienstleister für verpflichtete Organisationen. Zudem kann Barrierefreiheit für Ausschreibungen oder Partnerschaften zur Voraussetzung werden.

Für Unternehmen im B2B-Bereich ist der 28. Juni 2025 nicht unmittelbar bindend – es sei denn, ihre digitalen Produkte oder Dienstleistungen sind direkt für Verbraucher:innen zugänglich. In vielen Fällen gelten jedoch indirekte Verpflichtungen: etwa als Zulieferer, technischer Dienstleister oder Softwareanbieter für verpflichtete Organisationen. In diesen Konstellationen wird Barrierefreiheit zunehmend zu einem Qualitätskriterium und Wettbewerbsvorteil. Unternehmen sollten deshalb prüfen, welche Anforderungen über Ausschreibungen, Verträge oder branchenspezifische Standards auf sie zukommen.

3. Schwellenwerte und Fristen: Was gilt ab wann?

Unter das BFSG fallen insbesondere folgende digitale Produkte und Dienstleistungen:

  • Websites und mobile Anwendungen, z. B. von Online-Shops, Banken, Versicherungen oder Mobilitätsanbietern
  • Self-Service-Terminals, wie Bankautomaten, Check-in-Automaten oder Fahrkartenautomaten
  • E-Book-Reader und deren Software
  • Hardware wie Smartphones oder Tablets, wenn sie bestimmte Nutzerinteraktionen ermöglichen
  • Telekommunikationsdienste, inkl. Software für Videotelefonie oder Messaging
  • Dienstleistungen im E-Commerce, etwa die Bereitstellung von Online-Zahlungssystemen, digitalen Vertragsabschlüssen oder Kundenportalen

Besonders relevant: Auch Benutzeroberflächen von Softwarelösungen und digitale Kommunikationswege wie E-Mail- oder Chat-Tools, die Teil dieser Dienstleistungen sind, müssen barrierefrei gestaltet sein.

Mit dem Inkrafttreten des BFSG gelten folgende Eckdaten:

  • Geltungspflicht ab dem 28. Juni 2025 für alle Produkte und Dienstleistungen, die unter das Gesetz fallen
  • Ausnahmen gelten für Kleinstunternehmen (weniger als 10 Beschäftigte und weniger als 2 Mio. € Jahresumsatz)
  • Bestandsprodukte müssen nicht rückwirkend angepasst werden, sofern sie vor dem Stichtag in Verkehr gebracht wurden – Updates jedoch schon

Besonders relevant: Auch digitale Inhalte wie Websites, Apps und Benutzeroberflächen müssen barrierefrei gestaltet sein.

4. Was bedeutet "barrierefrei" im juristischen Sinne?

Barrierefreiheit wird nicht vage formuliert, sondern anhand technischer Standards konkretisiert. Grundlage ist die WCAG 2.1, mindestens auf Konformitätsstufe AA. Die Anforderungen lassen sich vier Prinzipien zuordnen:

  • Wahrnehmbarkeit: Inhalte müssen so bereitgestellt werden, dass sie von allen Nutzenden aufgenommen werden können.
  • Bedienbarkeit: Die Navigation muss mit verschiedenen Eingabemethoden funktionieren.
  • Verständlichkeit: Inhalte und Interaktionen müssen klar und nachvollziehbar sein.
  • Robustheit: Inhalte müssen mit verschiedenen Technologien kompatibel sein (z. B. Screenreader).

5. Risiken bei Nichtbeachtung

Wer gesetzliche Vorgaben ignoriert, setzt sich potenziellen Risiken aus:

  • Rechtliche Folgen: Abmahnungen, Unterlassungsklagen oder Sanktionen durch zuständige Marktüberwachungsbehörden. Auch Verbände und Organisationen des Verbraucherschutzes können Klagen einreichen, wenn sie Verstöße gegen die Barrierefreiheitsvorgaben feststellen.
  • Wettbewerbsnachteile: Barrierefreiheit wird zunehmend zum Qualitäts- und Differenzierungsmerkmal
  • Reputationsschaden: Fehlende digitale Teilhabe kann negative Wirkung auf Marke und Vertrauen haben

6. TEAM23 unterstützt Sie auf dem Weg zur digitalen Barrierefreiheit

Barrierefreiheit umzusetzen bedeutet nicht nur, Vorgaben zu erfüllen. Es ist auch eine Chance, digitale Produkte zukunftsfähig, effizient und nutzerzentriert zu gestalten.

Mit folgenden Leistungen begleiten wir Sie:

  • Accessibility Quick Check: Schnelle Ersteinschätzung mit konkreten Handlungsempfehlungen
  • Accessibility Audit: Vollumfängliche Analyse Ihrer digitalen Produkte und Services
  • Design Review: Frühzeitige Beurteilung von Designs auf Zugänglichkeit
  • Schulungen: Befähigung Ihrer Teams zur eigenständigen Umsetzung von Barrierefreiheit

Digitale Barrierefreiheit wird zur unternehmerischen Verantwortung – und zur Voraussetzung für nachhaltige digitale Entwicklung. Wir helfen Ihnen, die gesetzlichen Anforderungen nicht nur zu erfüllen, sondern sinnvoll in Ihre digitale Strategie zu integrieren.

Lassen Sie uns gemeinsam digitale Teilhabe gestalten. Ab jetzt.

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Über den/die Autor*in

Sonja Schumacher Portrait mit TEAM23 Path.
Sonja Schumacher
Professional for Usability and User Experience

Sonja liegen die Bedürfnisse der Nutzer am Herzen und ist leidenschaftliche UX-Designerin. Seit 2021 kümmert sie sich bei TEAM23 um große Kundenprojekte und alle Themen rund um den Nutzer. Ihr Aufgabenspektrum reicht von UX-Audits, über Nutzerinterviews bis hin zu Usability Tests. Dabei versucht sie stets in allen Projekten nach dem Motto „If a User is having a problem, it’s our problem” von Steve Jobs zu handeln und der verlängerte Arm und das Sprachrohr der Nutzer der Produkte, Services oder Systeme zu sein. Doch auch als Speakerin teilt sie auf zahlreichen Events, wie beispielsweise der sparkscon, Deutschlands größter Digital Experience Conference, ihre Expertise über die Designtrends und -strategien von morgen.

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